Bergsteigen im Pitztal und Garmisch

Wir stehen zu zweit auf fast 3200 Meter. Die Sonne ist schon lange untergegangen und über die Bergwelt senkt sich der Schatten der Nacht. Ich bin total erschöpft, aber glücklich.

Die Atzl Alm

Ein paar Tage vorher sind Stefan und ich auf dem Weg in die Alpen. Die erste Station soll das Pitztal sein. Die Wetterprognose für die nächsten Tage verspricht gutes Wetter und so sollen es also ein paar Biwaktouren werden.

Ein Parplatz für meinen Bus ist schnell gefunden und so steigen Stefan und ich mit großen Rucksäcken bergauf. In meinem Gepäck befindet sich noch mein SingleSkin Gleitschirm und ein kleines Gurtzeug.

Im Aufstieg

Stefan und ich sind nicht in Eile. Wir genießen den Aufstieg und kehren in zwei Almen unterwegs ein. Am frühen Abend erreichen wir einen kleinen unscheinbaren Gipfel in der Nähe der Arzl Alm. Hier gibt es noch genügend Gras für ein gemütliches Nachtlager und ein Start mit dem Gleitschirm sollte morgen früh auch kein Problem sein.

Stefan am ersten Gipfel

Nach einer kurzen Gipfelrast erklimmen wir noch einen weiteren Gipfel in der Nähe und lassen den Abend bei einer Dose Radler ausklingen. Als die Sonnen verschwindet kommt auch schnell der Tau und bedeckt unsere Ausrüstung. Wir rollen unsere Schlafsäcke aus, ziehen die Biwaksäcke drüber und schlafen schnell ein.

Biwakplatz mit Bergblick

Am nächsten Morgen weckt uns sehr früh die Sonne. Während Stefan und ich frühstücken trocknen die warmen Strahlen unsere Schlafsäcke. Langsam mache ich mich auf die Suche nach einem passenden Startplatz für meinen Sir Edmund Race. Ich habe keine Lust auf eine lange Laufstrecke, da mein Rucksack mit dem Biwakmaterial sehr schwer ist.

Eine halbe Stunde später ziehe ich zum ersten Mal auf dieser Reise meinen leichten Gleitschirm in die Luft. Eine Leine hat sich jedoch an einem Stein verhäddert… Abbruch. Das gleiche noch zwei Mal, doch dann bin ich endlich in der Luft und schwebe lautlos ins Tal.

Die Atzl Alm von oben

Der schwere Rucksack zieht mich nach hinten. Trotzdem ist es ein tolles Erlebnis bei ruhiger Luft Richtung Erdboden zu schweben. Ich überfliege einen mächtigen Wasserfall und tauche kurze Zeit später in den Schatten des Tales ein. Als Landplatz habe ich mir einen kleinen Weg ausgesucht, der durch eine Wiese führt. Da die Wiese an einem Hang liegt und ich wohl noch etwas verschlafen bin verpasse ich den Weg um einige Meter und stapfe mit dem Schirm über mir duch das kurze Gras. Danach lege ich den Schirm auf dem Weg ab und packe zusammen.

Landung auf dem Weg zwischen den Hütten

Zwei Stunden später sitzt Stefan bei mir im Auto und wir fahren weiter ins Pitztal hinein. Nach einem kurzen Halt am Dorfladen parken wir meinen Bus Mandarfen an der Bergbahn. Nein, wir wollen nicht mit der Bergbahn fahren. Zumindestens nicht bergauf.

Das Biwakzeug ist schnell wieder gepackt und so stapfen wir gegen Mittag in glühender Hitze bergauf. In dieser Woche werden in Deutschland wieder Temperaturen von fast 40 Grad gemessen. Da haben wir es hier in den Bergen schon etwas angenehmer.

Die Riffelseehütte ist unsere erste Station des Tages. Hier gibt es ein gescheites Essen und kühle Getränke. Trotz der großen Anzahl von Wanderern finden Stefan und ich noch einen Platz auf der luftigen Terrasse. Am frühen Abend setzen wir unseren Aufstieg fort. Wir wollen heute noch den Wurmtaler Kopf erreichen.

Die Sonne brennt ohne Gnade auf uns herrunter. Trotz der Höhe sind die Temperaturen noch sehr hoch für diese Uhrzeit. Wir bleiben an jedem Wasserlauf stehen und füllen unsere Vorräte auf.

Es ist schon spät als Stefan und ich den letzten Anstieg zum Grat hinter uns bringen. Auf der anderen Talseite ist im roten Abendlicht die Wildspitze zu sehen. Meine Gedanken gehen zurück an die vielen Tage die ich auf den Gletschern rund um die Wildspitze schon verbracht habe. Im Jahre 2003 habe ich dort meine eigene Eisausbildung angefangen und 2010 mal einen Steileiskurs dort drüben gemacht. Aber jetzt heißt es die Gedanken zurückholen.

Für den Gipfelgrat brauchen wir noch einmal volle Konzentration. Es ist schon so dunkel das man das Gelände nur schwer beurteilen kann. Wir halten uns immer am Grat und erreichen im letzten Licht des Tages den 3228 Meter hohen Wurmtaler Kopf. Wir wollen in der kleinen Biwakschachtel eine Pause machen, doch auf Grund der Dunkelheit können wir die nicht direkt finden. Also heißt es für uns ein paar Meter absteigen um auf einem flachen Stück ein Biwakplatz zu suchen.

Am Gipfelgrat

Als ich eine Stunde später im Schlafsack liege fängt mein Kopf an zu pochen. Die Kopfschmerzen werden im Laufe der Nacht immer schlimmer. Ich kann nicht mehr schlafen. Vielleicht war es doch keine gute Entscheidung innerhalb weniger Tage von der Küste in Dänemark zu einem 3000er mit Biwak in den Alpen zu touren.

Als die ersten Lichtstrahlen den Tag ankündigen beginne ich mit dem Abstieg. An einen Gleitschirmflug ist in meinem Zustand nicht zu denken. Stefan folgt mir in einigem Abstand. Er wurde von meinem Zustand etwas überrascht und musst erst mal alles zusammenpacken.

Drei Stunden später und 1000 Höhenmeter tiefer liegen wir an einem kleinen Bach und lassen uns die Sonne auf die Köpfe scheinen. Ich habe etwas geschlafen und durch den schnellen Abstieg sind die Kopfschmerzen so gut wie verschwunden. Ich denke es war ein deutliches Zeichen von Höhenkrankheit. Jeden kann es treffen.

Warten auf bessere Startbedingungen

Stefan muss leider noch viele Höhenmeter ins Tal absteigen. Ich spare mir das mit einem ruppigen Gleitschirmflug. Den Start verzögere ich extra bis zum frühen Abend, da das Pitztal sehr schmal ist und die Talwinde im Sommer relativ stark werden können. Das fällt mir bei diesem Flug besonders auf, da ich in 500 Meter Höhe über dem Tal mehr rückwärts als vorwärts fliege. Da hilft selbst der Sir Edmund Race nicht. Ein „echter“ Gleitschirm wäre mir in diesem Moment lieber. Mit ein paar Manövern komme ich tiefer und warte auf die Windscherung. Zum Glück presche ich beim manövern durch diese hindurch und kann bei fast Nullwind im Tal sicher landen.

Auf Grund der Gewitterneigung für die nächsten Tage packen Stefan und ich unsere Sachen zügig in den Bus und fahren in Richtung Wetterstein Gebirge. Unser Ziel am morgigen Tag ist die Alpspitze über die Alpspitz-Ferrata in Garmisch-Partenkirchen.

Wir starten unsere Tour nach der Auffahrt mit der Kreuzeckbahn bis auf 1650 Meter. Von hier aus geht es zu Fuß über den Osterfelder bis zur Alpspitz-Ferrata. Bei dem schönen Wetter sind viele Wanderer und Klettersteigler unterwegs, aber es kommt noch zu keinem Gedränge.

Stefan und ich genießen den Aufstieg über den Eisenweg bis zum Gipfel. An einer Erinnerungstafel bleibe ich kurz stehen. Hier wurde ein Bergsteigen vor wenigen Jahren durch Steinschlag tödlich verletzt. Bergsteigen kann auch gefährlich sein, aus diesem Grund kann ich nicht verstehen warum einige Leute hier ohne Helm unterwegs sind.

Alpspitz-Ferrata

Am Gipfel angekommen gönnen wir uns eine längere Rast. Wir genießen den Blick zur Zugspitze und hinüber zum Hochblassen. Ich erinnere mich an die ganzen Klettertouren hier im Wetterstein, vor allem aber an die Begehung des Jubiläumsgrates vor vielen Jahren.

Bergsteigen in den Alpen ist für mich immernoch eine tolle Sache, trotz der vielen Touren in Skandinavien oder Nordamerika.

Alpspitz-Ferrata

Beim Abstieg bummeln wir etwas und machen noch eine große Schleife am Bernadeinlift vorbei. Wir trödeln so viel das wir nur mit Glück, zusammen mit dem Personal die letzte Gondel der Kreuzeckbahn nehmen können. Am Abend gibt es noch ein zunftiges Essen in Garmisch und so neigt sich die Reise dem Ende entgegen.

Den nächsten Tag verbringen Stefan und ich getrennt. Er erkundet den Eibsee und ich gehe am Kreuzeck zum Fliegen.